Als very british und sehr abgelegen erweist
sich die gleichermaßen kuriose wie exzentrische Unterkunft in einem gotisch
anmutenden Tempel inmitten eines weitläufigen Landschaftsparks nordöstlich von Oxford.
Drei Türme auf dreieckigem Grundriss beherbergen zwei Schlafzimmer, Küche und
Bad, die eine kreisrunde Wohngalerie unter goldener Mosaik-Kuppel flankieren.
Den Schlüssel zu dem exponiert auf einem Hügel platzierten Domizil inmitten
einer 140 Hektar großen Anlage händigt der Schulpförtner eines angeschlossenen
Elite-Internats aus.
Sehen, aber auch gesehen werden, so lautet die Devise des
magischen Tempelbaus aus dem 18. Jahrhundert - damals wie heute.
Der sakralartige Bau mit seinem gotischen
Maßwerk, den burgförmigen Zinnen und den Turmbekrönungen wirkt von außen
eindrucksvoll und ehrfurchtgebietend, fast schon abweisend. Doch kaum betritt
man das Innere durch eine metallbeschlagene Holztür, findet man sich in eine
übersichtlich gegliederten Halle wieder, die viel mehr Behaglichkeit
ausstrahlt, als der äußere Anschein vermuten lässt.
Der Blick des Besuchers wandert unweigerlich
nach oben, wo eine prächtig glänzende, mit Goldmosaik überzogene Kuppel zum
Staunen verführt. Die Ecktürme beherbergen allesamt runde Zimmer: eine gut
ausgestattete (runde) Küche, ein (rundes) Bad mit freistehender Wanne und
bunten Fenstern, oben die zwei (runden) Schlafzimmer. Im ersten Stock blickt
man von der Ballustrade der kreisrunden Galerie
hinab ins Wohnzimmer oder auch nach draußen in den Park: Antike
Sekretäre und steinerne Bänke mit Sitzpolstern laden zum kontemplativen
Verweilen ein und bieten teilweise grandiose Ausblicke auf exakt ins Blickfeld
platzierte Monumente, Tempel oder Seen.
Der Grundriss des Gebäudes ist dreieickig,
doch in jedem der drei Ecktürme befindet sich ein rundes Zimmer, und auch der
offene hohe Raum im Zentrum, das Wohnzimmer, bildet durch die Kuppel einen
Kreis im Dreieck. Eine umlaufende Galerie im ersten Stock wieder-holt noch
einmal die Rundung. Die sakrale Atmosphäre wird durch die wohnliche Einrichtung
abgemildert: eine Ess- sowie eine gemütliche, knallbunte Sofaecke,
Bücherschränke und -vitrinen, bestückt mit Lesestoff über die Historie und die
Natur des Parks, und französische Türen in gotischen Bögen, die zum Park
hinausführen.
Der malerische Prachtbau wurde vom Schöpfer
der berühmten Londoner Konzertkirche St. Martin in the Fields zwischen 1741 und
1745 als ein sogenannte Folly errichtet, ein kurioses Gebäude, das nicht
unbedingt einen praktischen Nutzen erfüllen musste. Der gotisch anmutende Bau
erfüllte allenfalls einen sehr profane Zweck: er diente nämlich der vornehmen
Gesellschaft um den Auftraggeber Lord Cobham als Regenschutz und Aussichtspunkt
auf ausgedehnten Spaziergängen durch den weitläufigen Park.
Auch unter dem Namen 'Tempel der Freiheit'
bekannt, gilt der Bau als Höhepunkt von Cobhams politischer Gartenkunst. Sein
Landschaftsgärtner Lancelot Brown formte und komponierte die Landschaft des
Parks durch seine meisterhafte Technik des painting with nature wie ein
Gemälde, indem er durch Bäume, Monumente, Follies, Brücken, Seen oder auch
durch Weite genau kalkulierte rhythmische Akzente setzte und dem
umherschweifenden Auge Orte zum Verweilen bot.
Dies ist ein wahrhaft magischer Ort voll
verborgener Bedeutung, politischer Auseinandersetzung und aristokratischer
Annehmlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Das Ambiente des Tempels, der etwas
muffige Geruch, die unverputzten Sandsteinwände und das Fehlen jedweder
moderner Kommunikationsmittel wie Telefon, Radio oder gar TV, all das hilft,
sich in die Welt des 18. Jahrhunderts zurückzuversetzen.
Die Lage mitten im
wunderschönen Park, den Eintritt zahlende Tagesgästen gerne für
Picknicks nutzen, und die vielfältige Flora und Fauna bieten wahrhaft fürstlichen Genuss.
Alles in allem ein wunderbares Gesamtkunstwerk, das nicht nur zum Sinnieren und Spazieren einlädt, sondern auch Ubernachtungen !
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